Wenn Kinder nicht essen wollen - wird der Tag interessant


Schlechter Esser

Im Sommer 2021 haben wir unseren allerersten Urlaub gemacht und sind nach Gran Canaria geflogen. Das erste Mal fliegen, das erste Mal in einem Hotel.

Es war sehr aufregend.

Da das Hotel Buffet anbot, konnte sich jeder das nehmen, was er gerne isst.

Ausgerechnet an dem Tag, an dem wir einen Ausflug machen wollten zum ›geheimen Gui-Gui-Strand‹, ist mir mein jüngster Sohn durchgerutscht und hat tatsächlich nur 1 gekochtes Ei gegessen.


Ohne Proviant

Wir düsen also kurz nach dem Frühstück durch die Berge.

Zum Glück hat mein zweitgeborener Sohn einen 8-Liter-Kanister Wasser im Rucksack gehabt. Ich war nicht darauf eingestellt, dass wir stundenlang unterwegs sein würden ohne irgendeine Möglichkeit, etwas zu Essen oder zu Trinken zu kaufen.


Der geheime Weg zum Gui-Gui Beach

Wir sind zweieinhalb Stunden einen engen, schlängelnden Pfad den Berg hinauf geklettert mit einem 6-Jährigen, der kaum etwas gegessen hatte und ständig auf dem Schotterweg wegrutschte. Irgendwann erbarmte sich sein großer Bruder und nahm ihn in schwindelerregender Höhe auf die Schultern.

»In dem Blog stand nicht, dass der Weg so beschwerlich ist«, verteidigte sich mein großer Sohn.

Ich verdrehte die Augen.

Es ging steil den Berg hinauf - und uns begegneten nur hartgesottene Wanderer.

Erwachsene!

Und die klatschten meinem Nesthäkchen Beifall, denn auf diesen Weg verirrten sich keine Kinder.

Nachdem wir zweieinhalb Stunden zur Bergspitze gebraucht und herunterkrachendes Geröll überlebt hatten, ging es noch eineinhalb Stunden rutschig bergab.



Kein Café am Rande der Welt

Das ersehnte Café, ein kleiner Shop für Snacks und Getränke begegnete uns nicht, nur eine einsame Hütte.

Als wir den schwarzen Sandstrand erreichten, war ich zwar erleichtert, dem steilen Berg entkommen zu sein, aber uns drohte ja noch der Rückweg.

Und da ich nicht mit diesem Ausmaß an Einsamkeit und Idylle gerechnet hatte, war ich essentechnisch absolut unterversorgt.

Der Sand war durch die Schwarzfärbung bulleheiß und so eilten wir zum Wasser.


Was im Blog nicht gestanden hatte: Es gab auch den Wasserweg zum Strand.

Den erstbesten Bootsfahrer hielt ich an und fragte, ob er uns mit zurücknehmen kann, aber leider war die spanisch sprechende Bevölkerung durchsetzungsfähiger. Und so wurden wir zurückgelassen.


Hoffnung auf eine Bootsfahrt

Die Verzweiflung wuchs, der Hunger ebenso.

Meinem Jüngsten war schon schlecht vor Hunger, was meinem Gewissen nicht sonderlich zuträglich war. Ich hatte ein kleines Kind auf diesen ›Horrortrip‹ mitgenommen, dem als schlechter Esser der Magen durchhing, der Wasserkanister war bereits aufgebraucht und der 2. Kapitän versprach uns schließlich, einen Kollegen vorbei zu schicken, der dann auch um kurz vor 18 Uhr kam.


Die Rettung

Als wir auf dem Boot saßen mit unseren fast leeren, proviantlosen Rucksäcken, war ich erleichtert. Wir mussten den schmalen Bergpass nicht noch einmal nehmen. Nur mein großer Sohn war so ehrgeizig, dass er die Strecke alleine zu Fuß zurücklaufen wollte. Das Aussteigen aus dem Boot war die nächste Herausforderung, denn der nächste Anlegeplatz war der wohl steinigste Strand, dem ich je begegnet war.

Wir schürften uns die Beine auf, eierten irgendwie an Land und befreiten unser Gepäck aus den Müllsäcken, die es vor Wasser hatten schützen sollen.


Endlich Essen

Der Weg vom Strand bis zum Auto war so einsam gelegen, dass wir nicht einmal Internet hatten und so blind durch die Wüstenlandschaft liefen mit einem vor Bauchweh jammernden Kind.

In nur eineinhalb Stunden kam mein große Sohnes vor uns am Auto an und fuhr uns glücklicherweise entgegen.

Nach etwa einer Stunde Autofahrt und viiiiielen Kurven kamen wir endlich am Hotel an. Das Restaurant hatte noch 10 Minuten geöffnet. Wie die Irren haben wir uns auf das Essen gestürzt und selbst mein Jüngster war nicht mehr ganz so wählerisch wie zuvor.





Einmal Suppenkaspar…

Man könnte jetzt meinen, dieser Ausflug war meinem Nesthäkchen eine Lehre. War er nicht. Er blieb uns zwar im Gedächtnis als ›schrecklicher Ausflug‹, der uns nicht einmal die Schönheit der Natur hatte genießen lassen, aber dadurch wurde mein Sohn nicht zu einem besseren Esser. Am Familientisch gab es noch immer ›Machtkämpfe‹, die er gewann, denn ich zwinge meine Kinder nicht zum Essen. Noch immer isst er also Trennkost, tut sich schwer im Ausprobieren von neuen Gerichten oder gar Obst und Gemüse. Ich biete das Essen an, bitte ihn zu Probieren, aber ich bleibe entspannt.


Hunger ist der beste Koch?

Nein, definitiv nicht. Psychologen sagen, Kinder ab 6 Jahren essen wie Erwachsene, dann haben Eltern das Schlimmste überstanden. Ich schätze, hier gibt es Ausnahmen. Ich kenne so einige, bei denen das nicht so ist. Mittlerweile ist der Hort ein riesiger Helfer, denn hier essen alle gemeinsam und mein Sohn probiert wenigstens Neues. Manchmal kommt er nach Hause und sagt: »Mmh, lecker, wir haben heute Salat gegessen.«


Der Darm mit Charme?

Nicht nur Giulia Enders hat in ihrem Buch ›Darm mit Charme‹ aufgezeigt, wie unsere Gefühlswelt mit dem Bauch zusammenhängt. Auch in dem Buch ›Wie unser Essen uns krank macht‹ von Dr. Robert H. Lustig werden neben den Lügen und und Tricks der Lebensmittelindustrie, auch das Zusammenwirken von Darm und Gemüt erklärt. Je ausgeglichener, gesünder und zucker-/fettärmer wir essen, umso besser geht es uns. Und genau das stelle ich auch bei meinen Kindern fest. Sie müssen nicht alles essen, aber Fehlernährung als Brandbeschleuniger ist auch keine Lösung.









 

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